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10 Jahre… eine lange Zeit…
10 Jahre ist es her, dass ich den schlimmsten Tag meines Lebens durchstehen musste: Wir haben unsere kleine Tochter Elisabeth verloren.
Ihr Vater und ich verliebten uns unerwartet ineinander – keiner von uns hatte damit gerechnet, den Partner fürs Leben zu finden. Kurz nach unserer Verlobung wurde ein kleines Leben in mir gezeugt. Zur selben Zeit suchten wir uns auch unser gemeinsames Zuhause aus – eine neu gebaute Wohnung. Auch unsere Hochzeit begannen wir zu planen, wir waren unbeschreiblich glücklich.
Von Anfang an führte ich ein Tagebuch darüber, wie unser Baby in meinem Bauch heranwuchs - alles schien perfekt. Neben den vorgeschriebenen Untersuchungen, ließ ich auch genetische Tests machen. Unsere Tochter entwickelte sich gut – denn ja, ich trug ein kleines Mädchen unter meinem Herzen.
In der 30. Schwangerschaftswoche, bei einer Ultraschalluntersuchung, stellte die behandelnde Ärztin plötzlich die schockierende Frage: „Haben Sie sich bewusst für ein so krankes Kind entschieden?“ Wir schauten sie erschrocken an – wovon redete sie? Dann begann sie aufzuzählen, was unserer Tochter alles fehlte und was deformiert war. Sie hatte schwere, mit dem Leben nicht vereinbare Fehlbildungen – das bestätigten später auch die Ärzte der Frauenklinik Linz und die pränatale MRT-Untersuchung in Wien. Unsere Welt brach zusammen.
In dieser schwierigen Zeit gaben wir uns das Ja-Wort. Nur wenige Wochen nach unserer Hochzeit hörte ihr kleines Herz auf zu schlagen. Unsere Trauer war unermesslich. Die Krankenhauspsychologin versuchte uns damit zu trösten, dass es vielleicht besser so sei – denn ihr kurzes Leben wäre nur von Leid geprägt gewesen.
Dann traf mich die nächste Hiobsbotschaft: Man teilte mir mit, dass ich Elisabeth natürlich gebären müsse.
Was? Kein Kaiserschnitt?
Nein – es war mein erstes Kind und da es nicht mehr lebte, war die Situation nicht lebensbedrohlich. Ein Kaiserschnitt sei ein lebenserhaltender Eingriff. Außerdem sei eine natürliche Geburt auch für zukünftige Schwangerschaften besser – und ein wichtiger Bestandteil des Trauerprozesses.
Ich bat meine Mutter, mich bei dieser schweren Aufgabe zu begleiten. Sie kam mit mir ins Krankenhaus, wo ich ein Einzelzimmer bekam, und sie begleitete mich auch in den Kreißsaal. Doch es dauerte. Da die Geburt nicht wie bei einem lebenden Kind von selbst einsetzte, musste sie künstlich eingeleitet werden. Anderthalb Tage warteten wir, bis die Wehen begannen. Es war eine surreale Zeit. In meinem Bauch war keine Bewegung mehr, denn mein Baby lebte nicht mehr. Als die Wehen endlich einsetzten, begann ich zu gehen… denn das Einzige was half, war die Schwerkraft. Erst als ich vollständig geöffnet war, brachte man mich in den Kreißsaal.
Nach der Geburt wurde meine Tochter angezogen und mein Mann wurde hereingerufen. Sanfte Musik spielte, als man sie uns in einem kleinen Babybettchen zurückbrachte, damit wir Abschied nehmen konnten.
Ich sah sie nur an – sie war wunderschön. So perfekt. Es sah aus, als würde sie einfach nur schlafen. Meine geliebte Kleine – sieben Monate trug ich dich unter meinem Herzen, ich spürte dich. Und dann standen wir da als Eltern, die ihr Kind sofort wieder loslassen mussten.
Jahre später sagte eine Psychologin zu mir, Elisabeth habe uns ausgewählt, weil sie wusste, dass wir stark genug sein würden. Sie wusste, dass wir sie so sehr lieben würden, dass wir sie gehen lassen konnten – und mit diesem Schmerz weiterleben konnten. Heute, 10 Jahre später, wäre sie ein großes Mädchen, aber solche Gedanken führen ins Leere, denn ihre Krankheit war so schwer, dass sie niemals 10 Jahre alt geworden wäre.
Vor 10 Jahren wurden wir zum ersten Mal Eltern – vor 6 Jahren kam unser zweites Kind, unser Regenbogenbaby zur Welt. Elisabeths kleiner Bruder ist unser Sonnenschein nach einer sehr dunklen Lebensphase. Seit er ein Baby war, besuchen wir gemeinsam Elisabeths Grab. Er weiß, dass er eine große Schwester im Himmel hat.
Vor ein paar Tagen unterhielten wir uns darüber, wer schon im Himmel ist: die Uroma, der Uropa, Elisabeth. „Wir sehen sie nicht mehr, aber wenn wir auch mal im Himmel sind, werden wir uns wiedersehen.“ Darauf sagte mein Sohn: „Ja Mama, aber du, Papa und Oma – ihr seid hier bei mir, und wir lieben uns. Und das ist das Wichtigste!“
Und genau das ist es.
Wir werden dich für immer lieben, Elisabeth – und eines Tages sehen wir uns wieder.
P.S:
Was bleibt, ist eine kleine Schachtel mit dem Babytagebuch, den Ultraschallbildern, einem kleinen Schuh, ihrem Fußabdruck und ein paar selbstgemachten Fotos von mir. Denn damals gab es noch nicht diese unschätzbar wertvolle Möglichkeit, die der Verein „Vergiss Mich Nicht – Sternenkinderfotografie“ Eltern kostenlos anbietet. Elisabeth – in deinem Andenken unterstütze ich die Arbeit dieses Vereins mit ganzem Herzen.