Ritualleben

Anita Kothner ist als Ritualbegleiterin tätig und gestaltet auch Abschiedsrituale für betroffene Sterneneltern. Wir haben mit ihr über ihre Tätigkeit gesprochen:
09 April 2025
DSC 7424
DSC 7396
Trauerrituale helfen uns, die Vergänglichkeit des Lebens anzunehmen, Trost zu finden, die Kraft der Gemeinschaft (die „mit trägt“) zu erleben, dem/der Verstorbenen einen Platz zu geben, Dankbarkeit auszudrücken und wieder ins Leben zu finden. Anita Kothner

Wie bist Du zu dieser Berufung gekommen?
Durch unseren Sohn Luis, er ist unser Sternenkind. Ich sehe es als meine Lebensaufgabe, Menschen in ihrer Tiefe zu berühren, sie spüren zu lassen, wie bereichernd es ist, Freudiges bewusst zu feiern, Trauer zu würdigen und das Leben in seiner ganzen Vielfalt als Geschenk anzunehmen.


Was bedeutet es, Ritualbegleiterin zu sein?
Ich sehe mich als Weg begleiterin. Rituale schenken uns Orientierung und Halt, eröffnen uns neue Sichtweisen und ermöglichen Verwandlung. Ganz einfach gesagt, begleite ich Eltern beim Willkommen heißen ihres Kindes, Paare die ihre Liebe in einer
freien Trauung bestärken wollen oder beim Abschied nehmen von geliebten Menschen, unabhängig davon, wie lange ihr Leben gedauert hat. Sternenkinder und ihre Eltern brauchen gute und einfühlsame Wegbegleiter*innen und es ist mir eine Herzensangelegenheit, meine Erfahrung zu teilen und betroffene Eltern zu unterstützen.


Wie kann man um ein Sternenkind trauern?
Dafür gibt es wohl keine konkrete Antwort. Oft ist das „Wie“ abhängig von den Eltern und der Situation. Das wichtigste ist, betroffene Eltern gut zu begleiten und ihre Wünsche wahrzunehmen. Trauer ist oft verbunden mit Ohnmacht, der Schmerz sucht eine Form von Ausdruck. Dies kann durch Ritualarbeit ermöglicht werden. Durch persönliche Gesprächen mit den Eltern und meine einfühlsame
Begleitung eröffnen sich Wege, Rituale zum Abschiednehmen für ihr Sternenkind zu gestalten. Trauer ist so individuell wie wir Menschen auch.


Was sind Trauerrituale und wozu gibt es sie?
Trauerrituale bestehen seit es die Menschheit gibt. Jede Kultur hat ihre eigenen Ritualen und Traditionen entwickelt. Durch Trauerrituale können wir den Tod begreifen. Das unbegreifliche begreifbar machen.
Trauerrituale helfen uns, die Vergänglichkeit des Lebens anzunehmen, Trost zu finden, die Kraft der Gemeinschaft (die „mit trägt“) zu erleben, dem/der Verstorbenen einen Platz zu geben, Dankbarkeit auszudrücken und wieder ins Leben zu finden.


Gibt es spezielle Rituale für Sternenkinder?
Sternenkinder hatten lange Zeit keinen Platz in unserer Gesellschaft und so haben sich auch keine bestimmten Rituale für sie entwickelt. Glücklicherweise hat sich das geändert und es entstehen neue Wege
für unsere Sternenkinder. Aus meiner Sicht ist es wichtig, die Familie wahrzunehmen und dem Sternenkind einen Platz zu geben, Geschwister mit einzubeziehen und das Sternenkind sichtbar zu machen.

Sternenkinder und ihre Eltern brauchen gute und einfühlsame Wegbegleiter*innen und es ist mir eine Herzensangelegenheit, meine Erfahrung zu teilen und betroffene Eltern zu unterstützen. Anita Kothner
DSC 7538
DSC 7777
DSC 7562
DSC 7760

Was sind die Beweggründe von Sternenkind-Eltern?
Eltern von Sternenkindern möchten:

- Trost erfahren,
- die untrennbare Verbindung kräftigen
- sich erinnern
- dem Kind einen Platz (in der Familie) geben
- das Leben des Sternenkindes würdigen
- Wünschen Ausdruck verleihen
- den Schmerz loslassen
- das Kind jemandem anvertrauen (verstorbenes Familienmitglied, göttlichen Kraft, Engeln....)
- die Liebe zum Kind spüren und ausdrücken
- Loslassen


Eltern erfahren durch „Sternenkind-Rituale“ einen Weg, ihrem Schmerz Raum zu geben und aktiv noch etwas für ihr Kind tun zu können. Wohin mit der Liebe, die man empfindet? Wohin mit den Gedanken und Worten für das Kind? Es ist ein erster Schritt, sich der Trauer zu stellen, den Schmerz auszuhalten und Möglichkeiten zu finden, aktiv zu werden. Betroffene Eltern melden mir immer wieder zurück, wie wichtig und hilfreich es für sie war, mit zu gestalten,
Ideen einzubringen, aktiv zu werden, etwas zu TUN.


Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Ritual?
Diese Entscheidung obliegt den Eltern, es gibt keinen Zeitdruck. Wir haben unseren Luis 2 Monate nach seiner Geburt in einem Ritual verabschiedet.

Hilft so eine Rituale auch Jahren später bei der Trauerverarbeitung?
Das kann ich nur bestärken! Oft spüren Eltern (oder ein Elternteil) nach vielen Jahren oder Jahrzehnten das Bedürfnis, ihrem Sternenkind oder ihren Sternenkindern einen Platz zu geben. Vielleicht gab es zum Zeitpunkt der Geburt keine Möglichkeit oder einfach keine Zeit. Auch für Großeltern oder Geschwister kann
ein persönliches Ritual von großer Bedeutung sein.


Wie erfahren die Eltern über diese Möglichkeit?
Eltern erfahren über soziale Medien, über Selbsthilfegruppen, Vorträge beim Elternverein oder Vereine wie euch über mich. Auf meiner Website gibt es dann weitere Informationen. Im persönlichen Gespräch mit mir, werden dann die Möglichkeiten besprochen. Das erste Gespräch ist unverbindlich und wichtig für die daraus folgende Zusammenarbeit. Die „Chemie“ muss stimmen.